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«Ich liebe die Abwechslung»
Christel Eberle ist im Rahmen ihres Pensums an der Liechtensteinischen Musikschule und ausserhalb musikalisch vielseitig engagiert. Neben dem Unterrichten auf dem Waldhorn vermittelt sie in verschiedenen Kursen Musiktheorie und Musiknotation am Computer, leitet als Dirigentin mehrere Ensembles und ist als Musikerin bei Konzerten zu hören. Ganz besonders ist sie mit der heimischen Blasmusik verbunden.
Christel, du kannst in diesem Jahr dein 30-jähriges Jubiläum als Musiklehrerin an der LMS feiern. Wann und wie kamst du selbst zum Musizieren?
«Musik war in unserer Familie immer schon präsent. Mein Vater spielte Klarinette im Musikverein, meine Mutter sang im Chor. Als Kind musste ich mit Blockflöte starten, was mir überhaupt keinen Spass machte. Das Instrument hing in einem Jutesack die ganze Woche an seinem Platz und wurde nur für die Musikstunde am Samstag von dort fortbewegt. Nach einem Jahr durfte ich die Übung gottseidank abbrechen.»
Wie bist du schlussendlich beim Waldhorn gelandet?
«Als Kind war ich oft bei den Proben der Operette Balzers, da meine Mutter dort mitwirkte. Am liebsten sass sich im Orchestergraben, direkt neben den Waldhörnern. Ihr Klang hat mich von Anfang an fasziniert und ich wusste, dass ich dieses Instrument lernen möchte. Nach der Blockflöte wurde mir erst eine Trompete zugeteilt, mit welcher ich im Alter von ca. 11 Jahren bei der Harmoniemusik Balzers mitspielte. Vier Jahre später stieg ich dann auf das langersehnte Waldhorn um.»
Wann wurde aus dem aktiven Musizieren ein Berufswunsch?
«Nach meinem Schulabschluss habe ich den Beruf der Hochbauzeichnerin erlernt, nebenher den Musikunterricht besucht und im Musikverein mitgespielt. Als mein Musiklehrer Lothar Lins an der Musikschule gekündigt hatte, schlug er mir vor, zum Vorspiel ans Konservatorium in Feldkirch zu gehen, um weiterhin Waldhornunterricht zu bekommen. Anlässlich dieses Vorspiels kam die Frage nach einem Studium auf und noch auf der Heimfahrt von Feldkirch nach Balzers entschloss ich mich dazu, ein Vorbereitungsjahr und anschliessend das Studium Instrumental- und Gesangspädagogik auf dem Waldhorn mit dem zweiten Hauptfach Blasorchesterleitung in Angriff zu nehmen. Nach dem Abschluss in Feldkirch absolvierte ich noch eine Zusatzausbildung für Blasorchesterdirektion in Zürich.»
Das Dirigieren hat nach dem Studium rasch Einzug in deinen Alltag gefunden. Welche Formationen leitest du aktuell?
«Das stimmt. Ich konnte von Beginn an Erfahrungen sammeln, beispielsweise beim Gruppenmusizieren und -proben im Rahmen von Musiklagern mit dem Verein. In den folgenden Jahren habe ich verschiedene Musik- und Jugendmusikvereine geleitet. Letzten Herbst gründete ich hier in der Musikschule gemeinsam mit meinem Lehrerkollegen Lukas Hirzberger die Junior Brass Band Liechtenstein. Dort spielen hauptsächlich Schülerinnen und Schüler der Musikschule mit. Ende Februar hatten wir den ersten Auftritt. Seit Februar 2025 habe ich neu auch die Leitung der Jugendmusik Vaduz übernommen.»
Was reizt dich und macht dir besonders Freude am Dirigieren?
«Probenarbeit ist etwas sehr Spannendes und eine gute Abwechslung zum Einzelunterricht. Es reizt mich herauszufinden, was das jeweilige Ensemble und die einzelnen Musikerinnen und Musiker brauchen, um die Noten zum Klingen zu bringen.»
Ein weiterer Schwerpunkt deiner Tätigkeit sind die Theoriekurse, welche insbesondere der Vorbereitung auf die LMS-Stufentests und Leistungsabzeichen des Blasmusikverbandes dienen.
«Ja, die Theoriekurse sind Teil meines Arbeitspensums. Ich leite sie seit 2006 und habe seither rund 1'300 Theorieprüfungen abgenommen. Das brachte mit sich, dass ich sehr viel Musikanten und Musikantinnen aus den heimischen Musikvereinen kenne. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus den Kursen fliessen natürlich auch in meine Unterrichtstätigkeit ein. Meine Tätigkeitsbereiche ergänzen und bereichern einander, so dass auch ich mich immer weiterentwickeln kann. In der Zeit während des Corona-Lockdowns, als der persönliche Unterricht, die Kurse und die Proben ausfielen, erarbeitete ich ein eigenes Lehrmittel für die Theoriekurse, welches den Teilnehmern nun als Arbeitsheft dient.»
2013 hast du deinen erlernten Beruf als Hochbauzeichnerin, den du bis dahin in Teilzeit ausgeübt hattest, an den Nagel gehängt und dich beruflich ausschliesslich der Musik gewidmet. Dazu gehören in erster Linie deine Schülerinnen und Schülern, denen du Einzelunterricht auf dem Waldhorn erteilst. Wer sind deine Schützlinge und worauf legst du Wert im Unterricht?
«Im Vergleich zu anderen Instrumenten ist die Zahl an Waldhornschülern an der Musikschule überschaubar. Ich unterrichte Kinder ab der 2. Klasse bis hin zu Erwachsenen fortgeschrittenen Alters. Diese Bandbreite – aber auch die Persönlichkeit und individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen – machen das Unterrichten sehr spannend. Eine gute Basis auf dem Instrument zu vermitteln, steht an erster Stelle. Es braucht beim Waldhorn meist etwas mehr Geduld als bei anderen Blechblasinstrumenten, bis der Ansatz stabil ist und die Töne gut getroffen werden. Parallel dazu ist es mein Ziel, meine Schützlinge zu befähigen, sich Notentexte selbst erarbeiten zu können.
Zum Unterrichten gehört für mich ebenso die Nachbearbeitung der Stunde und die Vorbereitung auf die nächste. Das schliesst auch das Notenschreiben mit ein, ein weiteres Steckenpferd von mir. So kam es auch, dass ich auf Anfrage der Pepi Frommelt Stiftung in den letzten Jahren zahlreiche handgeschriebene Stücke aus der umfangreichen Sammlung digital notiert habe. Glücklicherweise gibt es heute gute Programme, die einem die Arbeit erleichtern. Die grösste Herausforderung bei diesem Projekt war das Entziffern der teilweise in alter Schrift notierten Textstellen.»
Das hört sich nach sehr viel Abwechslung im beruflichen Alltag an. Musizierst du selbst auch noch aktiv?
«Ich übe fast täglich und spiele oft auch selbst bei verschiedenen Anlässen. Ich bin regelmässig als Hornistin im Einsatz, auch als Konzertaushilfe in Musikvereinen. Dazu gehörte auch ein Engagement bei der Brassband Vorarlberg, was mir sehr grossen Spass machte. Ich liebe die Abwechslung in meinem Beruf.»
Gibt es überhaupt musikfreie Zeit in deinem Leben?
«Bis vor ca. 6 Jahren habe ich zum Ausgleich einen eigenen Weinberg bewirtschaftet. Dieser verlangte rund 200 Arbeitsstunden pro Jahr, was mir zu viel wurde. Nach wie vor verbringe ich aber regelmässig Zeit in der Natur, arbeite auch gerne handwerklich und gehe meist zweimal pro Woche schwimmen. Im Herbst 2023 bin ich in meine Loftwohnung in meinem neu gebauten Mehrfamilienhaus gezogen. Dieses Bauprojekt verschaffte mir wieder einmal interessante Berührungspunkte mit meinem früheren Beruf.»
Was wünschst du dir für die Zukunft?
«Sorge und Hoffnung beziehen sich bei mir auf den Erhalt und die weitere Entwicklung der Blasmusikkultur in unserem Land. Ich konnte persönlich sehr stark von den verschiedensten Aspekten der Blasmusik und des Vereinslebens profitieren. Ich hoffe, die Musikvereine machen sich dazu auch ihre Gedanken und sind offen für eine Weiterentwicklung, sodass viele Kinder und Jugendliche ihre kulturelle und soziale Verbundenheit innerhalb dieser Gemeinschaft erleben und stärken können.»
Christel, herzlichen Dank für die Einblicke in deine abwechslungsreichen Tätigkeiten und das angenehme Gespräch!
(Interview: Anita Heule)