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«Das ist mein Traumberuf»
Seit dem Abschluss ihres Musik- und Pädagogikstudiums im Jahr 2000 unterrichtet Marianne Sele Querflöte an der Liechtensteinischen Musikschule und stellt nach wie vor fest: «Musiklehrerin ist mein Traumberuf.»
Zu unserem Gespräch trägt Marianne Sele ein weisses T-Shirt mit vielen unterschiedlichen Motiven. «Meine langjährige Freundin hat es für mich gestaltet und von Hand bemalt», erzählt sie. «Jedes Motiv steht für etwas, das mich ausmacht oder das ich sehr gerne tue.»
Ein Herz steht symbolisch für ihre Familie. Neben ihrem Lebenspartner und den beiden gemeinsamen Söhnen zählen nach wie vor auch ihre Eltern und Geschwister dazu. Direkt darunter ist die Querflöte zu finden. Seit der Geburt ihres ersten Kindes unterrichtet Marianne Sele in einem Teilzeitpensum, das sich gut mit ihren Aufgaben als Mutter vereinbaren lässt. «Für die Kinderbetreuung während meiner Arbeitszeiten kann ich auf die Unterstützung unserer Familien zählen», erklärt die Musikpädagogin. «Dafür bin ich sehr dankbar.»
Laufbahn ohne Stolpersteine
In ihrer Grossfamilie wurde auch der Grundstein für ihre musikalische Laufbahn gelegt. Die gebürtige Triesenbergerin erzählt: «Ich bin mit sechs älteren Geschwistern aufgewachsen. Bei uns haben alle ständig Musik gehört oder selbst musiziert. Es klang aus allen Zimmern und gehörte einfach zum Alltag.» Sie übernahm die verwaiste Querflöte ihres Bruders, besuchte von da an den Musikunterricht und spielte bald darauf im Musikverein mit. Als aus ihrem Wunschberuf Fotografin aus Mangel an Ausbildungsplätzen nichts wurde, meldete sie sich auf Empfehlung ihres Musiklehrers zur Aufnahmeprüfung am Landeskonservatorium Vorarlberg an. Diese bestand sie auf Anhieb und absolvierte dort anschliessend ihr Studium in Musik und Pädagogik.
Marianne Sele erzählt: «Es ist einfach geflutscht. Ein Unterrichtspraktikum an der Musikschule führte zu einer Karenzvertretung und nachdem die Kollegin nach der Babypause nicht mehr in den Beruf zurückkehrte, wurde ich fest angestellt und übernahm ihre Schülerinnen und Schüler. Eigentlich wäre es mein Plan gewesen, nach dem Studium für ein Jahr wegzugehen. Dass ich das nicht realisiert habe, finde ich rückblickend ein wenig schade. Doch meine Freude am Unterrichten überwiegt eindeutig.»
Neue Welten erschliessen
Ihre Reisefreude – auf ihrem T-Shirt findet sich dafür eine Palme – möchte sie zukünftig vermehrt mit ihrer Familie ausleben. Unsere Gesprächspartnerin liebt es, neue Gegenden zu erkunden und Land, Leute und Traditionen kennenzulernen. In der näheren Region ist sie wieder vermehrt mit dem Motorrad anzutreffen. Eine Tour führte sie kürzlich in die Dolomiten.
Im Winter hält sich Marianne Sele leidenschaftlich gerne mit Skifahren fit – auch dieses Hobby bekam auf ihrem Kleidungsstück einen prominenten Platz. Mittlerweile fegen auch ihre Söhne begeistert über die Pisten. Einen Kontrast dazu bildet die Meditation, zu welcher sie vor einiger Zeit gefunden hat. «Das Meditieren tut mir enorm gut und hat mich in verschiedenen Bereichen meines Lebens weitergebracht, ohne dass ich konkret daran gearbeitet habe», sagt sie. Gerne wendet sie Elemente daraus, wie beispielsweise die Atemtechnik, auch bei ihren Schülerinnen und Schülern erfolgreich an.
«Spannend daran ist auch, dass ich meine Musiklehrerin aus dem Konservatorium und ihre damals für mich teils unlogischen Methoden heute immer besser verstehe. Wir waren gegenseitig eine Herausforderung füreinander», erzählt sie lachend. «Meine Lehrerin hat grossen Wert auf das Zwischenmenschliche und auf Arbeitsweisen gelegt, die ich damals überhaupt nicht einordnen konnte, da sie nicht direkt etwas mit dem Musizieren zu tun hatten. Heute erkenne ich immer mehr die Absicht und Wirkung dieser.»
Motivation und Freude fördern
Marianne Sele freut sich sehr über das gute Verhältnis, das sie zu ihren heutigen und ehemaligen Schülerinnen und Schülern hat. Manch eine oder einer meldete sich auch Jahre später noch bei ihr oder begann nach längerer Pause wieder mit dem Unterricht. Es ist ihr wichtig, dass ihre Schützlinge gerne in die Musikstunde kommen und motiviert sind. Sie fördert sie darin, selbständig spielen und sich weiterentwickeln zu können. Auch das gemeinsame Musizieren mit anderen hat einen hohen Stellenwert im Unterricht.
Ebenso schätzt die Musiklehrerin den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Team der Musikschule. Mit einigen von ihnen spielt und singt sie in der Jazzband «JazzItUp», weshalb auf ihrem T-Shirt auch ein Mikrofon zu finden ist. «Bei Lehrerkonzerten, Musikschulanlässen und anderen Projekten bin ich immer mit Begeisterung dabei. Die Jazzband ist jedoch eine besondere Herausforderung für mich. Das Singen war Neuland und bei der Improvisation mit der Querflöte tauche ich in eine komplett andere Welt ein. Das freie Spiel ohne Noten habe ich während meiner klassischen Ausbildung und der Tätigkeit als Musiklehrerin nicht gelernt und praktiziert, dementsprechend aufgeregt bin ich vor unseren Auftritten. Es macht mir aber grossen Spass und lässt mich immer wieder über meine persönlichen Grenzen hinauswachsen.»
Das kleine Ich-bin-ich
Neben Symbolen für die Genüsse des Lebens wie Wein und gutes Essen sitzt ein wenig versteckt «Das kleine Ich-bin-ich» auf dem erwähnten Kleidungsstück. Das Tierchen stammt aus dem gleichnamigen Kinderbuch, welches Mariannes Klasse in der Primarschule erzählt bekam. Es ist auf der Suche nach seiner Identität und fragt dabei verschiedene Tiere, wer es denn sei. Nachdem ihm niemand eine Antwort darauf geben konnte, stellte es plötzlich fest, dass es einfach es selbst ist.
Auf einem ähnlichen Weg befand sich auch unsere Gesprächspartnerin nach Abschluss ihres Studiums. Sie erzählt: «Zum Ende meines Studiums überlegte ich mir, wohin mich meine musikalische Laufbahn bringen könnte oder sollte. Meine Berufsbezeichnung war Musikerin, doch ich fühlte mich nicht restlos wohl damit. Erst als ich mich Musiklehrerin nannte, war ich angekommen und bin seither rundum zufrieden in meinem Traumberuf.»
Danke, Marianne, für das lebhafte Gespräch und die interessanten Einblicke!
(Interview: Anita Heule)